achtung berlin 2023: Preis der Ökumenischen Jury

V.l.: Alexander Aehlig, Marie-Charlotte Merscher, Katharina Körting und Polina Kundirenko. © Niklas Grüter
Beim 19. achtung berlin Filmfestival (12.–19. April 2023) sind am Mittwoch die Preisträger*innen bekannt gegeben worden. Der KDFB nahm mit Referentin Marie-Charlotte Merscher, Mitglied in der Ökumenischen Jury, am Filmfestival und der Preisverleihung teil.
Der Preis der Ökumenischen Jury ging an den Film „Die toten Vögel sind oben“ von Sönje Storm. „The homes we carry“ von Brenda Akele Jorde erhielt eine lobende Erwähnung. Die Jury begründete die Entscheidung in ihrer Laudatio wie folgt:
Die toten Vögel sind oben
Der Zugang zum Dokumentarfilm gelingt sofort – über den Protagonisten Jürgen Friedrich Mahrt (1882-1940), Urgroßvater der Regisseurin Sönje Storm. Der ist zwar längst tot, aber in seiner Hinterlassenschaft äußerst präsent. Wir sehen, vermittelt durch viele Fotografien, einen besonderen Menschen bei der Arbeit. Einen Außenseiter, der zwar eigentlich Bauer ist, aber mehr noch ein Besessener, ein Naturforscher, ein Vogelkundler. Auch wenn die NS-Zeit unbefriedigend vage thematisiert wird, überzeugt der Film durch seine Detailliertheit und wie zärtliche Zuwendung.
Wir lassen uns gern erzählen, wie der Norddeutsche, bei der Luftwaffe zum Fotografen ausgebildet, nach dem Ersten Weltkrieg in die Natur flieht. Er sammelt Schmetterlinge, stopft Vögel aus, gründet sein eigenes kleines Museum und dokumentiert wie nebenbei mit großer Akribie und Geduld das Artensterben und die Zerstörung von Lebensräumen durch den Menschen. Damals interessierte das kaum jemanden – dieser Bauer war seiner Zeit weit voraus. Kein Konservativer, sondern ein Konservator, der uns spüren lässt, wie die Vergangenheit mit der Zukunft verbunden ist und die Bewahrung der Schöpfung mit der Achtung der Kreatur.
The homes we carry
Wo komme ich her, wo gehöre ich hin, was ist meine Heimat? Mit diesen Fragen beginnt die eindringliche Suche nach Identität und Zugehörigkeit der Protagonistin Sarah. Die junge afrodeutsche Mutter und Tochter einer Ostdeutschen reist mit ihrem Stillkind nach Southern Africa, der Heimat ihres Vaters und ehemaligen Vertragsarbeiters in der DDR. In Mosambik lebt auch der Vater ihrer Tochter. Sarah erzählt, wie sie mit Rassismus umgeht, Heimaten in verschiedenen Ländern findet – und ein Zuhause in sich selbst. So erhält ein wenig bekannter, weitgehend unaufgearbeiteter Teil jüngerer deutsch-deutsch-afrikanischer Geschichte ein Gesicht und eine ganz eigene Stimme, die lange nachklingt.
Die ökumenische Jury 2023:
- Alexander Aehlig arbeitet als freier Fotograf und Kameramann.
- Polina Kundirenko studiert Filmregie an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf und arbeitet nebenbei an Kurzfilmen.
- Katharina Körting lebt in Berlin und ist freie Autorin, Redakteurin und Journalistin, u. a. für das Medienhaus der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO).
- Marie-Charlotte Merscher studierte Philosophie, Katholische Theologie und Geschlechterbewusste Theologie u.a. in Berlin und Freiburg und ist seit 2019 als Referentin für den Katholischen Deutschen Frauenbund (KDFB) Berlin tätig.
Über das Filmfestival:
Das Filmfestival „achtung berlin – new berlin film award“ präsentiert unter dem Motto „Made in Berlin-Brandenburg“ eine Auswahl abendfüllender Spiel- und Dokumentarfilme sowie mittellange und kurze Filme. Die neunzehnte Ausgabe des Filmfestivals fand vom 12. bis 18. April 2023 in Berlin und Brandenburg statt. Der Preis der Ökumenischen Jury, dotiert mit einem Preisgeld von 1.000 Euro in bar, gestiftet vom Erzbistum Berlin und der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz, wird sektionsübergreifend verliehen.