Nachlese // Allianzen bilden gegen Anti-Feminismus und Anti-Gender
50 Teilnehmende haben die von Heike Neubrand (KDFB Berlin) moderierte Podiumsdiskussion „Anti-Feminismus in Kirche und Gesellschaft: Eine Gefahr für unsere Demokratie?“ am 19. März 2024 in der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin verfolgt.
Eingeladen hatten das Katholische Büro Berlin-Brandenburg, Jasmin Mausolf, dezentrale Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte der Evangelisch-Theologischen Fakultät, sowie der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB) Berlin.
Als Podiumsgäste begrüßte Gregor Engelbreth, Leiter des Katholischen Büros Berlin-Brandenburg, die frauen- und gleichstellungspolitischen Sprecherinnen des Berliner Abgeordnetenhauses Mirjam Golm (SPD), Bahar Haghanipour (Grüne) und Aldona Niemczyk (CDU) sowie Ruth Heß, Theologische Studienleiterin und Geschäftsführerin des Studienzentrums der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD) für Genderfragen.
Wie zeigt sich Anti-Feminismus heute – in Berlin und bundesweit? Mirjam Golm (SPD) beschrieb die sich in ihrem Umfeld immer wieder zeigende Einstellung, dass es jetzt doch genug mit Feminismus sei und es um die Männer gehen müsse – obgleich das patriarchale System weitergelebt werde. Das Problem: „Aus diesem Selbstverständnis heraus bilden sich dann gut vernetzte Gruppen.“ Aldona Niemczyk (CDU) bestätigte schmunzelnd die Wahrnehmung, dass Männer sich benachteiligt und abgehängt fühlen und ergänzte: „Außer vielleicht am Weltfrauentag ist doch jeden Tag Männertag.“
Als politisch organisierte Gegenwehr gegen Gleichstellung konkretisierte Bahar Haghanipour (Grüne) das gegenwärtige Problem des zunehmenden Antifeminismus. Studien wie die Leipziger Autoritarismus-Studie belegen, dass jeder 3. Mann und jede 5. Frau antifeministische Einstellungen habe. „Besonders gefährlich ist, dass Antifeminismus der Türöffner zu Rechtsextremismus sein kann“, betonte Haghanipour.
Gott mit den Reaktionären allein lassen? Keine gute Idee
Ruth Heß, die das evangelische Studienzentrum für Genderfragen in Kirche und Theologie in Hannover leitet, ergänzte, dass – zahlenmäßig analog zur Gesamtgesellschaft – Geschlechterressentiments auch in den christlichen Kirchen verbreitet sind: „Hier sollte man statt von Antifeminismus allerdings eher von Anti-Gender sprechen. Der Begriff Gender wird gezielt stigmatisiert und dient dann als Abfallkorb, um jeglichen Diskurs zu beenden.“ Es brauche viel Energie, um gegen solch reflexhafte, populistische Argumentationsweisen anzugehen. Der Begriff ermögliche es zudem leider, nicht nur Frauen, sondern auch etwa queere Menschen und alternative Männlichkeiten anzugreifen. Die progressiven Kräfte in den Kirchen brauchen Unterstützung, auch aus Politik und Zivilgesellschaft – „Es ist keine gute Idee, den lieben Gott mit den Reaktionären allein zu lassen.“
Nun gilt es, gemeinsame Strategien zu entwickeln, gegen den Antifeminismus und für den Feminismus. Bewegungen wie „Wir sind die Brandmauer“ haben gezeigt, dass breite Bündnisse Wirkung zeigen können. Was können wir tun? Aufklären, wappnen, klare Kante zeigen und intersektionale Schulterschlüsse suchen, war sich das Podium einig.