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Moderner Protest: Vortrag beleuchtet Potenzial von Maria 2.0

Referentin Corinna Trogisch

02.02.2021

Beim ersten digitalen Vortrag des KDFB Berlin konnte Moderatorin Heike Neubrand vom KDFB Berlin am 25. Januar 2021 mehr als 80 Teilnehmer*innen begrüßen.

Der Kampf gegen sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche sei Vorläufer und Referenz von Maria 2.0. Als ein Beispiel für diesen Kampf führte Referentin Corinna Trogisch vom Institut für Protest- und Bewegungsforschung (ipb) eine Protestaktion aus Polen an. Sie ist in dem Film „Tell no one“ (Sag es niemandem) aus dem Jahr 2019 dokumentiert.

Zu sehen ist, wie drei Männer in Danzig eine Statue des Priesters Henryk Jankowski (1936-2010) umstürzen. Jankowski wurde unter anderem der sexuellen Belästigung von Ministranten verdächtigt und es war bereits eine politische Debatte darüber im Gange, dass eine Ehrung Jankowskis nicht mehr tragbar sei. Bei der Protestaktion wurde der umgestürzten Statue ein Jungenslip und ein Ministrantengewand übergestülpt. Die Aktivisten wurden zunächst strafrechtlich verfolgt. Das Denkmal ist letztlich im Auftrag des Danziger Stadtrats entfernt worden.

Was kann dieses Beispiel veranschaulichen?

  • Protest muss nicht immer Menschenmassen mobilisieren – so haben in Danzig drei Männer eine eindrückliche Aktion gestartet.
  • Gefühlsgeladene Bilder können in die herrschende Gefühlskultur („emotion culture“) eingreifen und gesellschaftliche Entscheidungen beeinflussen. Der Film ist in der Lage, emotionale Wirkungen hervorzurufen.
  • Die Symbolkraft einer Aktion spielt eine große Rolle für die gesellschaftliche Wahrnehmung und Bewertung einer Aktion. So haben die Akteure in Danzig die Statue bewusst auf Autoreifen zum Liegen gebracht und nicht zerstört. Gewalt wurde ausdrücklich nicht mit Gewalt begegnet.

Loyalität als Schlüsselbegriff

„Loyalität“ sei für die Analyse von Bewegungen in diesem Zusammenhang ein Schlüsselbegriff, so Referentin Trogisch. „Loyalitätsverhältnisse sorgen dafür, dass Herrschaftsverhältnisse nicht in Gewalt umschlagen.“ Auch Maria 2.0 würde „nicht einfach revoluzzen“, sondern sei in Loyalitätsverhältnisse verstrickt: Einerseits stelle die Bewegung Loyalität in Teilen der Kirche infrage, andererseits beanspruche sie Loyalität, nämlich den eigenen Mitgliedern und (kirchen)politischen und gesellschaftlichen Zielen gegenüber. Maria 2.0 ist also loyal und disloyal zugleich.

Was macht die Initiative Maria 2.0 attraktiv? Maria 2.0 werde von kultivierten und gebildeten Frauen* getragen, mit denen ein bürgerliches Publikum leicht Fühlung aufnehmen könne. Sympathien wecke die Initiative auch dadurch, dass sie einer Institution entspringt, die unsere Gesellschaft nach wie vor stark prägt. So würde immer noch ein Großteil der Menschen in Deutschland christliche Feste und Rituale begehen. Auch die Ästhetik in Deutschland sei christlich geprägt. Dies erleichtere es Maria 2.0, in die Gesellschaft hinein zu kommunizieren.

Verbündete suchen, neue Räume finden

Auf die Frage nach einer Prognose für die weiteren Erfolgsaussichten sagte die Forscherin: „Den Erfolg von Bewegungen zu messen, ist schwierig. Wir müssen Maria 2.0 jetzt genau beobachten.“ Sicher lohne sich die Suche nach Referenzbewegungen, an die Maria 2.0 anschließen und mit denen sich die Initiative vernetzen könne, um noch mehr Frauen für den Kampf um Gleichberechtigung in der Kirche zu gewinnen. „Ein großer Erfolg wäre es auch, wenn es der Initiative gelingt, mehr zweifelnde gläubige Frauen einzubeziehen. Hierfür wird es Räume brauchen, die die Initiative sicher zu finden beziehungsweise herzustellen versteht“, schloss die Referentin ihren Vortrag.

Dass es der Initiative Maria 2.0 gelingen wird, ihr Solidaritätspotential zu erschließen und neue Verbündete zu finden, darin waren sich die Teilnehmer*innen der Online-Veranstaltung einig.

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Der 1909 gegründete Katholische Deutsche Frauenbund Diözesanverband Berlin e.V. (KDFB Berlin) ist ein unabhängiger Frauenverband. Seine Mitglieder gestalten Politik, Gesellschaft und Kirche mit. Sie setzen sich für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, geschlechtergerechte Bezahlung, die Förderung von Frauen in Führungspositionen und das Diakonat der Frau ein. Vorsitzende ist die Politikerin und langjährige erste Ausländerbeauftragte Berlins Prof. Barbara John.
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